Zahlreich sind die Sprichwörter, die sich auf die Zeit beziehen: Vom Zeit totschlagen über den Zahn der Zeit, der an einem nagt, bis hin zur Zeit, die einem unwiederbringlich durch die Finger rinnt. „Tempus fugit“, das wussten schon die Römer. Dass man ihren Lauf nicht aufhalten kann, musste auch einer der bekanntesten römischen Imperatoren, Julius Cäsar, am eigenen Leib erfahren. Und doch, auch in der Geschichte der Zeitmessung ist der römische Kaiser nach wie vor präsent. Der von ihm eingeführte Julianische Kalender prägte und prägt unser Verständnis vom Dahineilen der Zeit in 365 Tages-Schritten. Über die Jahrhunderte begann sich der Kalender allerdings aufgrund einer kleinen Ungenauigkeit selbst hinterherzulaufen und so wurden immer mehr Rufe nach einer Reform laut. Bis zur Einführung des heutigen Gregorianischen Kalenders – der ausgewählte Säkularjahre (Jahre, die Jahrhunderte abschließen) nicht mehr als Schaltjahre berechnet – sollte es allerdings noch bis in die Neuzeit dauern. Konkret bis 1582. Seit damals sorgt der von Papst Gregor eingeführte Kalender in unseren Breiten dafür, dass die Zeit im immer gleichen Takt schlägt – auch wenn sie für uns gefühlt einmal schneller oder langsamer vergeht. Ein Blick auf eine moderne Uhr beweist, ein Tag hat stets 24 Stunden, 1440 Minuten und 86.400 Sekunden. Bis all diese Sekunden in Form eines Zeigers oder als Digitalanzeige sichtbar wurden, sollten viele Jahre vergehen.

Wiener Uhrenmuseum

Laut zu ticken begann die Zeit im Mittelalter, als mechanische Uhren (bis dahin waren Sand- und Sonnenuhren vorherrschend) in unseren Alltag einzogen. Schon das Wort Uhr, das vom lateinischen „(h)ora“ (Stunde) kommt, verweist auf deren Bedeutung als Messgerät der Zeit. Weltweit entstanden riesige Räderuhren, die – vor allem auf Kirchtürmen angebracht – die moderne Zeit einläuteten. Ein Beispiel einer solchen Uhr befindet sich heute im Wiener Uhrenmuseum, das mit rund 3.000 Uhren – vom schicken Fingerhut-Design über die Taschenuhren-Sammlung der Schriftstellerin Marie Ebner von Eschenbach bis hin zu besagtem Turmuhrwerk – weltweit zu den bedeutendsten seiner Art zählt. Gebaut wurde das Turmuhrwerk von dem Uhrenmacher Joachim Oberkirchner im Jahre 1699. Oberkirchner war der dritte Uhrmacher, dem die ehrenvolle Aufgabe zuteil wurde, das Wiener Wahrzeichen, den Stephansdom, für zukünftige Zeiten zu rüsten. Das ausgestellte Turmuhrwerk verfügt bereits über einen Minutenzeiger – eine technische Weiterentwicklung, die im 17. Jahrhundert möglich wurde: Spätestens zu jener Zeit war das Wettrennen um die genaue Zeitmessung bereits voll im Gange und die 1657 erfundene Pendeluhr zog in immer mehr Haushalte ein.

Uhrensammlung im Schlössl

Eine häusliche Blüte erlebte die Uhrenkunst hierzulande im Biedermeier. Besonders beliebt waren so genannte „Stutzuhren“. Laut dem Uhrenforscher Hans Bertele sollen in einem gewöhnlichen Biedermeierzimmer zwei bis drei solcher Stutzuhren zu finden gewesen sein. Eine reiche Auswahl ist heute im idyllischen Geyermüllerschlössl in der dort beheimateten Uhrensammlung des Dr. Franz Sobek zu bestaunen. Ebenfalls hier zu finden ist eine seltene Nachtuhr, die mittels Lichtschirm aus Milchglas und Kerze auch bei Dunkelheit erlaubte die Zeit abzulesen.

Frühe Zeitmessgeräte in der Kunstkammer

Wer es sich leisten konnte, verfügte allerdings schon zuvor über mechanische Instrumente zur Messung der Zeit – wenngleich oftmals weniger aus Gründen der Genauigkeit als vielmehr aufgrund einer Liebe zur Wissenschaft oder zur Ästhetik.

Eine Auswahl solch prunkvoller Zeitautomaten aus den Anfängen der Mechanik ist in der Kunstkammer zu bestaunen. Ursprünglich als fürstliche Schatzkammern angelegt, die der Zurschaustellung von Macht dienten, verwandelten sich die Kunstkammern der Fürsten im 16. Jahrhundert in eine Art Enzyklopädie, die das Wissen ihrer Zeit spiegelte – dazu gehörten neben seltenen Tieren und Pflanzen aus aller Welt auch die erste „Kugellaufuhr“ – die dank Miniaturmalereien, Spiegel und einer geheimnisvoll schwebenden Kugel mehr einem Zauberkasten als einem Zeitmessgerät gleicht. Ebenfalls in der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums zu bestaunen ist die Wiener Planetenuhr – die weltweit erste astronomische Uhr, die das heliozentrische Planetensystem zeigt.

Uhren im öffentlichen Raum

Man muss jedoch keineswegs in ein Museum pilgern, um erstklassige Uhrenkunst bewundern zu können. Ein Beispiel einer kunstvoll gefertigten Spieluhr befindet sich am Hohen Markt. Das Jugendstiljuwel wurde 1914 von Franz Matsch entworfen und ist eine Würdigung berühmter Persönlichkeiten der Wiener Geschichte. Täglich um 12 Uhr mittags ziehen alle Figuren mit Musikbegleitung an den Augen der Betrachter vorbei.

Nicht mehr ganz so original doch ebenso beliebt ist die so genannte Wiener Würfeluhr. Seit über 100 Jahren hält das typische quadratische Design die Wiener Bevölkerung zeittechnisch auf dem aktuellen Stand. Mit 74 Standorten in der Stadt ist der Blick nach oben auf eines der vier Ziffernblätter für die Wiener keine Seltenheit, auch wenn heute vermutlich niemand mehr seine Uhr nach ihr stellt. Dafür dient der Zeitmesser auch heute Designern als Inspiration. Mittlerweile kann man das zum Wiener Wahrzeichen avancierte Uhrendesign im Miniaturformat auch mit nach Hause nehmen. Noch bis Mitte Juli bietet der Wiener Kunsthandel „lichterloh“ eine Version fürs Handgelenk in limitierter Auflage an. Aber auch andere Wiener Traditions-Unternehmen haben sich die Uhr zum Vorbild genommen und bieten unter dem Label „Normalzeit“ (ein Wort, das damals auf jeder Uhr zu lesen war und mitteleuropäische Zeit bedeuten sollte) Produkte an. Unter anderem bei den jeweiligen Unternehmen erhältlich sind eine Mokkatasse von Augarten Porzellan, ein Lobmeyr-Wasserbecher oder ein Spezial-Tee von Demmers Teehaus.

Für alle, die sich beim Uhrenkauf lieber fachmännisch beraten lassen wollen, bietet der Uhrmacherbetrieb der Familie Schmollgruber eine reiche Auswahl. Das besondere an dem Geschäft: es befindet sich im kleinsten Haus von Wien in der Burggasse 3. Schon die Auslagen des 14 m2 großen Geschäfts sind u(h)rig.


Uhrenmuseum: 1., Schulhof 2. Öffnungszeiten: Di–So & Feiertag 10–18h. www.wienmuseum.at.

Kunstkammer im Kunsthistorischen Museum: 1., Maria-Theresien-Platz. Öffnungszeiten: Di–So 10–18h, Do 10–21h, www.khm.at

MAK-Expositur Geymüllerschlössel: Pötzleinsdorferstraße 102, 1180 Wien
T +43 1 711 36-231 oder 248. 1. Mai bis 4. Dezember 2016 jeweils So, 11:00–18:00 Uhr http://www.mak.at

Geschrieben von Sandra Schäfer